KAGH Zulassung der Revision zur Frage der Überschreitung paritätisch gesetzter Entgeltordnung
Ein katholischer Klinikbetreiber im Anwendungsbereich der AVR-Caritas hatte einzelnen Mitarbeitenden Zulagen gewährt, für die es in den AVR-Caritas keine Anspruchsgrundlage gibt. Die Mitarbeitervertretung hatte gerügt, dass sie vor der Gewährung der Zulage nicht beteiligt worden sei. Nach ihrer Einschätzung sei die Gewährung von Zulagen, für die keine Rechtsgrundlage im paritätisch gesetzten Recht besteht, unzulässig.
Nach Angaben der Beklagten liege der Zahlung der Zulage weder die Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit zugrunde, noch sei die Zahlung an eine bestimmte Vergütungsgruppe geknüpft, die durch ein zusätzliches Merkmal die Zulage auslösen würde. Es handele sich vielmehr um eine “individuelle Zulage”.
Das erstinstanzliche Gericht hat die Klage der Mitarbeitervertretung abgewiesen und stützt seine Entscheidung insofern auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach es entscheidend darauf ankomme, dass die Gewährung der Zulage so in das Vergütungssystem eingebunden ist, dass die Voraussetzungen der Zulage an diejenigen anknüpfen, die für das zu bewertende Entgeltschema maßgeblich sind, z.B. an die Lohn- oder Gehaltsgruppenmerkmale.
Nur in diesem Fall beruhe die Entscheidung über die Gewährung der Zulage in gleicher Weise wie die Zuordnung zur Tarifgruppe auf der für die eingruppierungscharakteristischen Subsumtion einer Tätigkeit unter Abgrenzung und Abstufung der Tatbestandsmerkmale.
Der Einwand der MAV, dass diese Rechtsprechung deshalb nicht übertragbar sei, weil sich aus Art. 7 GrO zwingend die Anwendung paritätisch besetzten Rechts ergebe, sei demgegenüber unbegründet. Die Revision wurde nicht zugelassen.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Mitarbeitervertretung hin hat der KAGH jetzt die Revision zugelassen. Es sieht die Voraussetzungen einer Grundsatzbeschwerde erfüllt, da die Frage, ob Artikel 7 der Grundordnung des Kirchlichen Dienstes rechtsverbindliche Wirkung dahingehend zukommt, dass nicht nur eine Unterschreitung, sondern auch eine Überschreitung der von paritätisch gesetzten Recht vorgegebenen Entgeltordnung unzulässig ist, bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist.
Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:
Der Entscheidung des KAGH in der jetzt zugelassenen Revision darf mit Spannung entgegengesehen werden. Es sind grundlegende Antworten zum System des kirchlichen Arbeitsrechts und zu den Auswirkungen der Grundordnung auf die Gestaltung der jeweiligen Dienstverhältnisse erwartet werden. Aus diesseitiger Sicht ist das System abschließend mit der Folge, dass alle Arbeitsbedingungen eine Grundlage in paritätisch gesetztem Recht haben müssen.
Gericht:
Kirchlicher Arbeitsgerichtshof
Datum der Entscheidung:
11.12.2020
Aktenzeichen:
M 17/2020