Kirchen dürfen Beschäftigungsverhältnisse ohne staatliche Eingriffe regeln
Kirchen haben das Recht, Beschäftigungsverhältnisse – z.B. mit Priestern – ausschließlich durch kirchliches Recht zu regeln. Kommt es insoweit zu Streitigkeiten, kann es sich um eine innerkirchliche Angelegenheit handeln, die derÜberprüfung durch staatliche Gerichte entzogen ist. Hierin liegt keine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren aus Art. 6 § 1 EMRK.
Die Kläger in den ersten beiden Verfahren waren Pfarrer in evangelischen Gemeinden. Sie wurden nach Unstimmigkeiten mit ihren Gemeinden vonder jeweiligen Kirche zunächst in den Wartestand versetzt, was mit reduzierten Gehaltsbezügen verbunden war. Später wurde einer von ihnen in den Schuldienst und der andere in den Ruhestand versetzt. Ihre Verfahren vor den innerkirchlichen Instanzen gegen diese Entscheidungen hatten keinen
Erfolg. Das BVerfG nahm ihre Verfassungsbeschwerdennicht zur Entscheidung an. Die Kläger des dritten Verfahrens waren im missionarischen Dienst der Heilsarmee tätig. Ihr Offiziersdienst wurde wegen Untauglichkeit für beendet erklärt. Ohne zuvor die Untersuchungskommission der Heilsarmee angerufen zuhaben, erhoben sie Klage vor den Zivilgerichten. Der BGH wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Maßnahme in den Geltungsbereich des kirchlichen Selbstverwaltungsrechts falle und deshalb nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar sei. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab halte
die angegriffene Maßnahme stand. Sämtliche Kläger rügten unter Berufung auf Art. 6 §1 EMRK eine Verletzung ihres Rechts auf Zugang zu einem Gericht, um die kirchlichen Entscheidungen überprüfen zu lassen. Der EGMR erklärte die Beschwerden für unzulässig. Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
In allen drei Verfahren liegt keine Verletzung der Europäischen Menschrechtskonvention (EMRK) vor. Der fehlende bzw. eingeschränkte Zugangzu einem staatlichen Gericht, um innerkirchliche Maßnahmen anzufechten, verstößt ins besondere nicht gegen das Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 6 § 1 EMRK. In den ersten beiden Fällen lagen den Beschäftigungsverhältnissen die jeweiligen Bestimmungen der Kirchen zur Regelung der Dienstverhältnisse ihrer Geistlichen zugrunde. Die Beschäftigungsverhältnisse waren folglich nicht durch staatliches, sondern
ausschließlich durch kirchliches Recht geregelt. Hierbei handelt es sich nach der ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung um rein innerkirchliche Angelegenheiten, die der gerichtlichen Überprüfung entzogen sind. Da die vonden Klägern angestrengten Verfahren damit kein nach deutschem Recht anerkanntes Recht betrafen, kommt Art. 6 EMRK hier nicht zum Tragen. Nach einem Urteil des BGH aus dem Jahr 2000 (Az.: VZR 271/99) kann eine kirchliche Maßnahme zwar der Überprüfung durch staatliche Gerichte unterliegen. Der Prüfungsumfang der staatlichen Gerichte ist hiernach aber begrenzt: Wenn die kirchliche Maßnahme ausschließlich in den Geltungsbereich des Selbstverwaltungsrechts der Kirchen fällt, können die staatlichen Gerichte diese Maßnahme nicht auf ihre Rechtmäßigkeit,
sondern lediglich auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen, d.h. untersuchen, ob die strittige Maßnahme mit den Grundsätzen der Rechtsordnung, wiedem Willkürverbot, den guten Sitten oder der öffentlichen Ordnung, vereinbar ist.
Die Kläger der ersten beiden Verfahren haben bereits nicht dargelegt, inwieweit diese Rechtsprechung auf ihre Situation anwendbar war. Die Kläger des dritten Verfahrens konnten zwar nach diesen Grundsätzen Klage erheben,wenden sich aber gegen den beschränkten Prüfungsumfang der Gerichte. Dieser ist jedoch mit Blick auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht aus Art. 137 Abs. 3 WRV, der Bestandteil des Grundgesetzes ist, nicht zu beanstanden. Der BGH ist zudem zu Recht davon ausgegangen, dass die Maßnahme der Heilsarmee weder willkürlich war noch gegen die guten Sitten oder die öffentliche Ordnung verstoßen hat.
EGMR Beschwerde-Nr. 38254/04 u.a.