BAG: Kirchlicher Arbeitgeber zu Entschädigungszahlung im Fall Egenberger verurteilt

Im April hatte der Europäische Gerichtshof (Urteil vom 17.04.2018-C-414/16) über den Fall Egenberger zu entscheiden, bei dem ein Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland die Stelle einer Referentin ausgeschrieben hatte, deren Tätigkeit schwerpunktmäßig die Erarbeitung von Berichten unter anderem zur Umsetzung der UN-Antirassismuskonvention sowie von Fachbeiträgen und projektbezogenen Vertretungen der Diakonie Deutschland gegenüber Politik, Öffentlichkeit und Menschenrechtsorganisationen sein sollte.

In der diesbezüglichen Ausschreibung hieß es unter anderem: “Die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag setzen wir voraus. Bitte geben Sie Ihre Konfession im Lebenslauf an.” Die konfessionslose Klägerin bewarb sich mit Schreiben vom 29.11.2012 auf die Stelle. Sie wurde nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Der Beklagte besetzte die Stelle mit einem evangelischen Bewerber.

Die Klägerin erhob daraufhin Klage auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG in Höhe von mindestens 9.788,65 Euro. Nachdem das Bundesarbeitsgericht die Angelegenheit dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt hatte und dieser in seiner Entscheidung vom April 2018 seinerseits festgestellt hatte, dass die Frage, ob die Religion nach der Art der betreffenden Tätigkeit oder den vorgesehenen Umständen eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts Ethos der Kirche oder ganze Organisation darstellt, der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, hat das Bundesarbeitsgericht nunmehr entschieden, die in der Ausschreibung enthaltene Benachteiligung der Klägerin sei nicht nach § 9 Abs. 1AGG gerechtfertigt gewesen.

Das Bundesarbeitsgericht verurteilt den Beklagten zur Zahlung einer Entschädigung in Höhe von 3.915,46 Euro. Nach Auffassung des Gerichts hat er die Klägerin wegen der Religion benachteiligt. Diese Benachteiligung sei nicht nach § 9 Abs. 1 AGG ausnahmsweise gerechtfertigt gewesen. Insofern geht das Bundesarbeitsgericht insbesondere davon aus, dass keine wahrscheinliche und erhebliche Gefahr bestanden habe, dass das Ethos des Beklagten beeinträchtigt würde. Dies folge unter anderem aus dem Umstand, dass der jeweilige Stelleninhaber/die jeweilige Stelleninhaberin in einen internen Meinungsbildungsprozess beim Beklagten eingebunden war und deshalb in Fragen, die das Ethos des Beklagten betrafen, nicht unabhängig handeln konnte. Insofern war zu beachten, dass die Berichte, die unter anderem Gegenstand des Tätigkeitsprofil sein sollten, nicht allein von der Diakonie verfasst werden, sondern gemeinsam von einer größeren Gruppe von Menschenrechtsorganisationen. Die Höhe der Entschädigung hat das Bundesarbeitsgericht auf zwei Bruttomonatsgehälter festgesetzt.

 

Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:

Das Urteil setzt konsequent die Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs um. Ob hier eine andere Entscheidung gerechtfertigt gewesen wäre, wenn die Stelle mit einer größeren direkten Außenwirkung versehen gewesen wäre, kann letztlich nicht abschließend beantwortet werden. Die Tatsache aber, dass nunmehr eine volle Überprüfung der Anforderungen, die die Kirchen in ihre Stellenausschreibungen setzen, gerichtlich durchgesetzt werden kann, wird in der Praxis sicherlich zu einer grundlegenden Überprüfung der bisherigen Einstellungs- und Ausschreibungspraxis führen müssen. Kirchliche Arbeitgeber werden danach nur noch in Ausnahmefällen Vorgaben an die Konfession der Bewerberinnen und Bewerber stellen dürfen.

 

Gericht:

BAG

Datum der Entscheidung:

25.10.2018

Aktenzeichen:

8 AZR 501/14