LAG Hamm: Kündigung einer Auslieferungsfahrerin
Die Mitarbeiterin eines Menüserviceunternehmens war täglich in der Zeit von 08.15 – 13.15 Uhr als Auslieferungsfahrerin tätig und hatte in diesem Zeitraum eine bestimmte Tour zu bewältigen und dort die von den Kunden bestellten Mahlzeiten abzuliefern. Nachdem die Mitarbeiterin bei einem bestimmten Kunden zweimal hintereinander jeweils eine Pause von 15 Minuten eingelegt, dort die Toilette aufgesucht und mitgebrachte Brötchen verzehrt hatte, sprach der Arbeitgeber die fristlose Kündigung – u.a. wegen Lohnbetruges – aus. Die Mitarbeiterin erhob Kündigungsschutzklage und verwies darauf, dass sie trotz der Pausen alle Kunden innerhalb des vorgesehenen Zeitrahmens habe beliefern können.
Das Landesarbeitsgericht Hamm gab der Klage auch in der zweiten Instanz statt, weil die Kündigung rechtswidrig gewesen sei. Es habe an einem wichtigen Grund im Sinne von § 626 BGB gefehlt. Die Aushilfsfahrerin habe keinen Lohnbetrug begangen, weil sie ihre Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag trotz der beiden Pausen eingehalten habe. Sie habe nämlich ihre Arbeit in der vorgesehenen Zeit erledigt und den Zeitrahmen auch im Hinblick auf die jeweiligen Kunden eingehalten. Die Arbeitnehmerin habe durch die Einlegung der Pausen auch nicht gegen ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen. Der Arbeitgeber habe ihr nicht verboten, bei Kunden die Toilette aufzusuchen, angebotene Getränke anzunehmen oder mitgebrachte Brote zu verspeisen. Aufgrund der fehlenden Pflichtverletzung sei auch eine verhaltensbezogene ordentliche Kündigung im Sinne des § 1 KSchG nicht gerechtfertigt.
(LAG Hamm vom 28.03.2006, Az. 12 Sa 2347/05)