LAG Hamm: Stillschweigende Änderung des Arbeitsvertrages aufgrund Mehrarbeit
Eine in einem Buch- und Zeitschriftenvertrieb angestellte Hilfskraft wurde über mehrere Jahre hinweg nahezu im Umfang einer Vollzeitkraft eingesetzt, obwohl der ursprünglich abgeschlossene Arbeitsvertrag eine Arbeitszeit von 28,5 Stunden pro Woche vorsah. Sie wurde hierzu nicht befragt. Vielmehr zog der Arbeitgeber sie einfach aufgrund des erhöhten Arbeitsanfalles zu Mehrarbeit heran. Später setzte der Arbeitgeber sie wieder als Teilzeitkraft ein und berief sich dabei auf den abgeschlossenen Arbeitsvertrag. Hiermit war die Mitarbeiterin jedoch nicht einverstanden. Sie verlangte die Beschäftigung als Vollzeitkraft und rückwirkend das Entgelt als Vollzeitkraft.
Das Landesarbeitsgericht Hamm gab dem Begehren der Arbeitnehmerin statt und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung der vollständigen Vergütung. Anspruchsgrundlage sei die Vorschrift des § 615 BGB. Der Arbeitgeber habe sich im Annahmeverzug befunden, weil er der Mitarbeiterin nur noch im Umfange von 28,5 Stunden und nicht mehr vollzeitig beschäftigt habe. Der Arbeitsvertrag sei infolge der jahrelangen deutlichen Überschreitung der vertraglich vorgesehenen Stundenzahl stillschweigend abgeändert worden. Dies ergebe sich daraus, dass nicht nur aufgrund besonderer Umstände ein vorübergehender zusätzlicher Arbeitsanfall zu bewältigen gewesen sei, sondern dass die im Arbeitsvertrag vorgesehene Arbeitszeit über mehrere Jahre durchgängig erhöht gewesen sei. Hieran ändere auch nichts, dass nach dem Inhalt des Vertrages Änderungen der Schriftform bedurften.
(LAG Hamm vom 04.05.2006, 8 Sa 2046/05)