LAG Köln: Verbot von Änderungen der betrieblichen Organisation aufgrund Regelung in Gesamtbetriebsvereinbarung gem. § 3 BEtrVG
Die in keiner Weise an Tarifverträge gebundene Arbeitgeberin unterhielt eine Vielzahl von Betrieben. Dazu gehörte auch der Betrieb ZFS mit insgesamt fünf Standorten. Am 18./19.01.2010 vereinbarte die Arbeitgeberin mit dem Gesamtbetriebsrat eine Gesamtbetriebsvereinbarung über die Errichtung einer neuen Betriebsstruktur. Unter Nr. I.1. heißt es in dieser Gesamtbetriebsvereinbarung:
Der Betrieb ZFS bleibt in seiner bisherigen Form unverändert erhalten. Für ihn gelten die mit dieser Betriebsvereinbarung getroffenen Regionalstrukturen nicht.
Darüber hinaus enthielt die Gesamtbetriebsvereinbarung auch Regelungen über die Zuordnung bestimmter Personalbereiche zum Betrieb ZFS.
Am 12.04.2013 wurde zwischen der Arbeitgeberin und dem Gesamtbetriebsrat eine Betriebsvereinbarung über einen Interessenausgleich vereinbart, in der unter anderem folgendes geregelt wird:
5. Standort- und Arbeitsplatzsicherung
5.1. Das Unternehmen wird durch die in Ziffer 2 dieses Interessenausgleichs beschriebenen Maßnahmen keine Änderung der Betriebsstrukturen, Betriebsratsstrukturen und kollektiven Vertretungsstrukturen herbeiführen. Ebenso wenig wird das Unternehmen seine Standorte aufgrund der in diesem Interessenausgleich geregelten Maßnahmen verlagern oder schließen.
Im Dezember 2013 wandte sich die Arbeitgeberin an den Gesamtbetriebsrat, weil sie mit diesem in Verhandlungen über eine Änderung der Betriebsstruktur eintreten wolle. Danach sollte der Betrieb ZFS in vier zu gründende Regionalbetriebe eingeteilt werden. Der Gesamtbetriebsrat lehnte die Aufnahme von Verhandlungen ab.
Im Betrieb ZFS wurde am 09.04.2014 eine Betriebsratswahl durchgeführt, deren Ergebnis am 14.04.2014 bekannt gegeben wurde. Die Arbeitgeberin focht die Betriebsratswahl fristgerecht an, weil der Betrieb nach ihrer Ansicht aufgelöst worden sei. Der Betriebsrat hält die Auflösung des Betriebes ZFS hingegen für nicht gegeben.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge der Arbeitgeberin zurückgewiesen. Die Arbeitgeberin blieb auch beim Landesarbeitsgericht Köln erfolglos.
Die Betriebsratswahl vom 09.04.2014 war nicht unwirksam. Sie ist nicht unter Verkennung des Betriebsbegriffes durchgeführt worden, weil der Betrieb zu diesem Zeitpunkt noch bestand. Der Betrieb ZfS wurde durch Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18./19.01.2010 gebildet. Damit galt der Betrieb ZfS gemäß § 3 Abs. 5 S. 1 BetrVG als Betrieb im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes. Daran hat sich nach Auffassung des LAG Köln nichts geändert.
Nach dem Vortrag der Parteien geht das LAG Köln davon aus, dass die Aufrechterhaltung des Betriebes ZFS nach wie vor einer sachgerechten Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen diene. Darüber hinaus dürfe die Arbeitgeberin den Betrieb ZfS nicht ohne vorherige Kündigung der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18./19.01.2010 auflösen. Zwar sei ein Arbeitgeber während der Laufzeit einer Gesamtbetriebsvereinbarung über die Betriebsratsstruktur grundsätzlich nicht gehindert, Umstrukturierungen vorzunehmen. Das gelte jedoch nicht, wenn in der Gesamtbetriebsvereinbarung etwas anderes vorgesehen sei. Ein solches Verbot, den Betrieb ZFS ohne vorherige Kündigung der Gesamtbetriebsvereinbarung vom 18./19.01.2010 aufzulösen, ergebe sich unmittelbar aus der Regelung von Nr. I.1. der Gesamtbetriebsvereinbarung.
Unabhängig davon würde die von der Arbeitgeberin behauptete Umstrukturierung nicht dazu führen, dass die sich aus § 3 Abs. 5 BetrVG ergebende Betriebsfiktion beseitigt werden könnte. Eine Beseitigung dieser Fiktion könne ur dann eintreten, wenn die Identität des Repräsentationsbereiches verloren gegangen wäre. Die Identität des Repräsentationsbereiches des Betriebes ZFS werde jedoch durch die von der Arbeitgeberin vorgetragenen Maßnahmen nicht beseitigt. Die Betriebsratswahl war damit nicht unwirksam.
LAG Köln
13.05.2015
9 TaBV 73/14