LAG Köln: Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung

Der vorliegende Rechtstreit betraf eine vom Arbeitgeber beantragte Ersetzung der vom Betriebsrat verweigerten Zustimmungen zur „Neueingruppierung“ von Arbeitnehmern.

Gemäß einem zum 01.05.2016 in Kraft getretenen Anerkennungs- und Übergangstarifvertrag (AÜTV) zwischen der Gewerkschaft ver.di und der Antragstellerin finden bei der Arbeitgeberin ab dem 01.05.2017 die Einzelhandelstarifverträge des regelmäßigen Beschäftigungsortes (Heimatstore) dynamisch in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. Gemäß § 11 Abs. 1 AÜTV erfolgte die Festsetzung der Entgelte ab dem 1.05.2016 bis zum 30.04.2017 entsprechend der Anlage B zum AÜTV. Seit dem 01.05.2017 gelten die regionalen Entgelttarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung dynamisch (§ 11 Abs. 2 AÜTV).

Mit Schreiben vom 19.04.2017, 21.04.2017, 08.05.2017, 10.05.2017 und 23.06.2017 beantragte die Antragstellerin die Zustimmung zur Eingruppierung von 19 Mitarbeitern, die im Verkaufsbereich eingesetzt werden und keine abgeschlossene kaufmännische Ausbildung haben.

Der Betriebsrat verweigerte seine Zustimmung unter Berufung darauf, dass die Eingruppierungen gegen den GTV verstießen, weil nicht die gesamte Tätigkeit der betroffenen Mitarbeitenden in ihrem Erwerbsleben berücksichtigt worden sei.

Das LAG hat die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt, wonach die Zustimmung zu ersetzen ist, weil entgegen der Einschätzung des Betriebsrats für die Frage der tariflichen Berücksichtigung von Tätigkeitsjahren nicht auf die branchenübergreifend ausgeübte Tätigkeit, sondern die Tätigkeit beim Arbeitgeber abzustellen ist.

Dabei ist die Zuordnung zum Tätigkeitsjahr durchaus Gegenstand der Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Die Reichweite des Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats bei der Ein- und Umgruppierung beschränkt sich nicht auf die bloße Einreihung der Tätigkeit in eine bestimmte Vergütungsgruppe. Das Mitbestimmungsverfahren nach § 99 BetrVG ist demnach vielmehr ein einheitliches Verfahren, das die Ein- oder Umgruppierung in allen ihren Teilen erfasst. Dementsprechend umfasst das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats auch die Einreihung in die zutreffende, auch Beschäftigungszeiten oder Lebensaltersstufen berücksichtigende Vergütungs- und Fallgruppe.

 

Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:

Das Gericht schließt sich zunächst der bestehenden Rechtsprechung des BAG zur Auslegung von Tarifverträgen und dem Umfang der Beteiligungsrechte im Zusammenhang mit der Eingruppierung in ein Tarifvertragssystem an und zeigt zugleich, dass die Rechte des Betriebsrats einerseits in weitem Umfang alle Fragen im Zusammenhang mit der konkreten Eingruppierung umfassen. Daher war die Frage der Berücksichtigungsfähigkeit beruflicher Erfahrungen durchaus Gegenstand der Eingruppierungsfrage, wenngleich die Ablehnung des Betriebsrats im Ergebnis nicht Bestand hatte, weil sie von der Auslegung des Tarifvertrages nicht mehr gedeckt wurde.

 

Gericht:

LAG Köln

Aktenzeichen:

9 TaBV 30/18

Datum der Entscheidung:

12.07.2019