LAG Mecklenburg-Vorpommern: Abgrenzung einer Änderungskündigung von der unzulässigen Teilkündigung

Um eine Änderungskündigung handelt es sich nur, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und im Zusammenhang mit dieser Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen anbietet.

Die Erforderlichkeit des Trennungswillens für eine Änderungskündigung hat das LAG Mecklenburg-Vorpommern in seiner Entscheidung vom 29.10.2019 (5 Sa 72/19) bestätigt. Die Parteien lagen u.a. in Bezug auf die Wirksamkeit einer einseitigen Lohnkürzung durch den Arbeitgeber im Streit. Der Kläger war bei der Beklagen, die ein Autohaus betreibt, zuletzt bei einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden zu einem Stundenlohn in Höhe von 14,00 EUR brutto beschäftigt. Am 25.09.2018 erhielt der Kläger folgendes (hier gekürzt dargestelltes) Schreiben:

„Änderungskündigung Lohn zum 01.09.2018

Sehr geehrter Herr (…),

(…)

Da Hinweise und Aussprachen zu keinem Ergebnis führen wird Ihr Stundenlohn ab dem 01.09.2018 von 14,00 auf 13,00 € reduziert.“

Gegen dieses als Änderungskündigung bezeichnete Schreiben setzte sich der Kläger zur Wehr. Das LAG entschied, dass es sich bei dem Schreiben der Beklagten vom 25.09.2018 nicht um eine Änderungskündigung im Sinne des § 2 Satz 1 KSchG handelt. Eine solche liege nur vor, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis kündigt und im Zusammenhang mit dieser Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen anbietet. Eine Änderungskündigung beende das Arbeitsverhältnis daher, falls der Arbeitnehmer das neue Vertragsangebot ausschlägt. Die Änderungskündigung setzt insofern voraus, dass der Arbeitgeber den Willen zu erkennen gibt, sich von dem Arbeitnehmer endgültig zu trennen, sollte dieser den vorgeschlagenen Vertragsänderungen nicht zustimmen. Vorliegend habe die Beklagte den erforderlichen Trennungswillen nicht zum Ausdruck gebracht, da sie nicht beabsichtigt habe, das Arbeitsverhältnis zu beenden, sondern nur einzelne Vertragsbestimmungen, hier die Lohnhöhe, abändern wollte, so das LAG. Dass das Schreiben mit dem Begriff Änderungskündigung überzeichnet war, ändert daran nichts, da auf den tatsächlichen Inhalt des Schreibens abzustellen ist.

Das Schreiben vom 25.09.2018 stelle vielmehr eine sog. Teilkündigung dar. Eine solche Teilkündigung ist eine Willenserklärung, mit der der Kündigende einzelne Vertragsbedingungen gegen den Willen der anderen Vertragspartei einseitig ändern will. Von der Kündigung unterscheidet sich die Teilkündigung dadurch, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis in seinem ganzen Bestand erfasst, während die Teilkündigung unter Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses im Übrigen nur einzelne Bedingungen aus dem Arbeitsverhältnis beseitigen soll. Solche Teilkündigungen sind jedoch grundsätzlich unzulässig, da sie einen unzulässigen einseitigen Eingriff in das ausgehandelte Vertragsgefüge darstellen.

Das LAG hat vor diesem Hintergrund den Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Stundenlohnes von 14,00 EUR brutto auch über den 31.08.2018 hinaus bestätigt und die Beklagte zur rückwirkenden Vergütung der eingeklagten Entgeltdifferenzen verurteilt.

 

Hinweise von Rechtsanwalt Adrian Kalb:

Zur Änderung des Inhalts eines Arbeitsverhältnisses ist grundsätzlich zwischen den Arbeitsvertragsparteien eine vertragliche Regelung erforderlich. Diese werden in der Praxis häufig als Zusatzvereinbarung oder Ergänzung zum Arbeitsvertrag bezeichnet. In dem Wissen, dass einseitige Vertragsänderungen grundsätzlich unzulässig sind, sollten Arbeitnehmer vor Unterzeichnung einer solch angebotenen Zusatzvereinbarung deren Bedeutung für das Arbeitsverhältnis und die Konsequenzen bei Nicht-Unterzeichnung gründlich abwägen. Bei Erteilung einer Änderungskündigung durch den Arbeitgeber sollte dieser wiederum bereit sein, den Bestand des Arbeitsverhältnisses insgesamt aufzugeben und diesen Trennungswillen auch konkret zum Ausdruck bringen.

 

Gericht:

LAG Mecklenburg-Vorpommern

Aktenzeichen:

5 Sa 72/19

Datum der Entscheidung:

29.10.2019