LAG Mecklenburg-Vorpommern: Tarifliche Jahressonderzuwendung und Testat über negatives Betriebsergebnis
Verfahrensgegenständlich war die Klage einer Pflegefachkraft auf Auszahlung der zweiten Hälfte der Jahressonderzahlung für das Jahr 2016 gemäß der Anlage 14 der AVR DWM-V (künftig Anlage 14) in der Fassung vom 21. September 2016.
Zwischen den Parteien war sowohl die Höhe des Betrages von 794,42 € brutto, als auch unstreitig, dass die Dienstgeberin für das Geschäftsjahr 2016 ein negatives Ergebnis erzielt hatte.
Gemäß § 2 des Arbeitsvertrages finden auf das Arbeitsverhältnis der Parteien die Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Diakonischen Werkes der evangelisch-lutherischen Landeskirche Mecklenburg-Vorpommern in der jeweils für die Diakonie gültigen Fassung Anwendung. Nach Anlage 14 Abs. 1 enthält der Mitarbeiter, der sich am 1. November eines Jahres in einem Beschäftigungsverhältnis befindet, das mindestens bis zum 31. Dezember des Jahres besteht, eine Jahressonderzahlung, die zur Hälfte im November des laufenden Jahres und zur anderen Hälfte im Juni des Folgejahres gezahlt wird. Die erste Hälfte der Jahressonderzahlung für das Jahr 2016 in Höhe von 794,42 € hatte die Beklagte an die Klägerin ausgezahlt.
Gemäß der Absätze 3 und 4 der Anlage 14 entfällt der Anspruch auf die zweite Hälfte der Jahressonderzahlung, wenn der Arbeitgeber nachweist, dass bei voller Zahlung der zweiten Hälfte der Jahressonderzahlung ein negatives betriebliches Ergebnis vorliegen würde. Der Nachweis gilt als erbracht, wenn die Dienststellenleitung der Mitarbeitervertretung ein Testat eines vereidigten Wirtschaftsprüfers oder einer Treuhandstelle vorlegt, aus dem sich der Umfang des negativen betrieblichen Ergebnisses ergibt.
Die Dienstgeberin hatte das Testat in einer gemeinsamen Sitzung aller bei ihr gebildeten Mitarbeitervertretungen vorgelegt, an der aber die MAV der Einrichtung, in der die Klägerin tätig ist, nicht teilgenommen hatte.
Das Gericht stellt in seiner Entscheidung darauf ab, dass dem Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung Gelegenheit gegeben wurde, Einblick in das Testat über das negative Betriebsergebnis für das Jahr 2016 zu nehmen. Da der Vorsitzende der besagten Mitarbeitervertretung aber in Kenntnis der Umstände an einer gemeinsamen Sitzung aller betroffenen Mitarbeitervertretungen nicht teilgenommen und auch keinen Vertreter/keine Vertreterin entsandt hatte, habe die MAV die bestehende Bereitschaft der Beklagten zur Informationsgewährung bzw. Vorlagenerteilung nicht angenommen. Dies umso mehr, als auch keinerlei Reaktion bzw. Hinweis seitens der Mitarbeitervertretung in Richtung der Beklagten erfolgt sei, man erwarte eine Vorlage des besagten negativen Testats.
Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:
Die Entscheidung kann nicht überzeugen. Zu Recht hatte die erste Instanz noch darauf hingewiesen, dass die Nachweiserbringung bis zum Fälligkeitszeitpunkt unverzichtbare Voraussetzung für den Wegfall des Anspruches ist und dass es rechtlich unerheblich ist, dass trotz Einladung für die Mitarbeitervertretung der Einrichtung der Klägerin niemand erschienen sei. Die Verlagerung des dienstgeberseitigen Nachweisrisikos für eine rechtzeitige Vorlage des Testats kann auf diesem Weg nicht auf die MitarbeiterInnen verlagert werden. Dies umso mehr, als in der Einladung zu der Versammlung der Mitarbeitervertretungen nicht einmal ausdrücklich auf die Thematik der Vorlage des negativen Testats hingewiesen worden war.
Gericht:
LAG Mecklenburg-Vorpommern
Datum der Entscheidung:
23.10.2019
Aktenzeichen:
3 Sa 69/19