LAG Schleswig-Holstein: Verwirkung des Beschäftigungsanspruchs
Ein Auszubildender im dritten Ausbildungsjahr war für mehrere Tage arbeitsunfähig. Als er sich wieder an seiner Ausbildungsstelle einfand, wurde ihm trotz Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gekündigt. Etwa sieben Wochen später meldete sich der Auszubildende in seinen Ausbildungsbetrieb und verlangte, dass dieser entweder eine fristgerechte Kündigung aussprechen, oder das Ausbildungsverhältnis fortbestehen lassen sollte. Einige Zeit später beantragte er beim Arbeitsgericht Prozesskostenhilfe.
Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein lehnte seinen Prozesskostenhilfeantrag wegen fehlender Erfolgsaussichten einer Klage ab. Zwar sei die schriftlich ausgesprochene Kündigung mangels eines Kündigungsgrundes im Sinne des § 15 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) rechtwidrig, weil der Auszubildende aufgrund seiner Arbeitsunfähigkeit nicht unentschuldigt seiner Ausbildung ferngeblieben sei. Sein Anspruch auf Weiterbeschäftigung sei jedoch nach Treu und Glauben verwirkt. Der Ausbildungsbetrieb habe nicht mehr damit rechnen müssen, dass er sich nach einem derart langen Zeitraum nach der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses eine Weiterbeschäftigung fordere. Dies ergebe sich daraus, dass eine Kündigungsschutzklage in einem Zeitraum von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erhoben werden müsste. Darüber hinaus habe der Auszubildende nicht erklärt, dass er die Kündigung für unwirksam halte. (LAG Schleswig-Holstein vom 23.05.2005, Az. 2 Sha 4/05)
Hinweis von Rechtsanwalt Rolf-Christian Otto:
Wird gegen die arbeitgeberseitig ausgesprochene Kündigung eines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitnehmer nicht binnen einer Frist von drei Wochen eine Kündigungsschutzklage erhoben, so gilt diese Kündigung gem. §§ 4, 7 KSchG regelmäßig als rechtmäßig. Bei Ausbildungsverhältnissen kommt diese Ausschlussfrist dann nicht zur Anwendung, wenn gem. § 111 ArbGG bei der zuständigen Stelle ein entsprechender Schlichtungsausschuss zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Ausbildendem und Auszubildenden eingerichtet wurde. Soweit der Spruch einer solchen Schlichtungsstelle nicht binnen einer Frist von einer Woche von beiden Seiten anerkannt wird, bleibt dem Auszubildenden eine Frist von weiteren zwei Wochen zur Erhebung einer entsprechenden Klage. Wird diese Frist versäumt, so wäre eine eventuelle Klage vom Gericht als unzulässig abzuweisen.
Soweit bei der zuständigen Stelle kein entsprechender Schlichtungsausschuss eingerichtet wurde, findet die Bestimmung von §§ 4, 7 KSchG auch auf die Kündigung des Ausbildungsverhältnisses Anwendung, so dass die Kündigung als rechtsmäßig gilt, wenn sie nicht binnen einer Frist von drei Wochen durch Erhebung einer entsprechenden Klage angegriffen wird.
2 Sha 4/05