LAG: Unwirksame fristlose Kündigung eines Kochs in einer kirchlichen Kita wegen Kirchenaustritt

Das Landesarbeitsgericht hatte einen Fall zu entscheiden, bei dem die Evangelische Gesamtkirchengemeinde Stuttgart 51 Kindertageseinrichtungen mit rund 1.900 Kindern betreibt. Der Arbeitnehmer war als Koch in einer evangelischen Kita tätig. Im Juni 2019 erklärte er seinen Austritt aus der evangelischen Landeskirche.  

Nachdem der Arbeitgeber im August 2019 davon Kenntnis erlangt hatte, kündigte er das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos. 

Der Kläger erhob dagegen Kündigungsschutzklage und hatte bereits in 1. Instanz Erfolg. Das jetzt vorliegende zweitinstanzliche Urteil bestätigt erneut die Rechtswidrigkeit der Kündigung und gibt der Kündigungsschutzklage statt. 

Dabei geht das Landesarbeitsgericht davon aus, dass der Kläger seine Loyalitätspflichten gegenüber dem Arbeitgeber durch den Kirchenaustritt nicht verletzt habe. Die Loyalitätserwartung des Arbeitgebers, dass der Mitarbeiter nicht aus der evangelischen Kirche austrete, stelle keine wesentliche und berechtigte Anforderung an seine persönliche Eignung dar. 

Der Verbleib in der christlichen Religionsgemeinschaft ist im Hinblick auf die Bedeutung der beruflichen Tätigkeit eines Kochs in einer Kita für die Bekundung des Ethos nicht notwendig, somit nicht „wesentlich“. Die Tätigkeit eines Kochs in einer Kita ist nicht mit dem Verkündigungsauftrag der Kirche verbunden. Ein Koch leistet keinerlei (unmittelbaren) Beitrag zur Verwirklichung des Erziehungsauftrags der religiösen Bildung der in der Kita betreuten Kinder. 

 

 

Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:

Die Auswirkungen der von den Kirchen für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verlangten Loyalitätspflichten sind spätestens nach den Chefarzturteilen einer ständigen Diskussion unterworfen und orientieren sich in der Praxis wesentlich daran, ob die jeweilige Tätigkeit „verkündungsnah“ oder „verkündungsfern“ ist. 

Zu Recht geht das Landesarbeitsgericht bei dieser Betrachtung davon aus, dass der Verbleib in der christlichen Religionsgemeinschaft im Hinblick auf die Bedeutung der beruflichen Tätigkeit eines Kochs in einer Kita für die Bekundung des Ethos nicht notwendig und somit nicht „wesentlich“ ist. Die Tätigkeit eines Kochs in einer Kita ist nicht mit dem Verkündigungsauftrag der Kirche verbunden. Ein Koch leistet keinerlei (unmittelbaren) Beitrag zur Verwirklichung des Erziehungsauftrags der religiösen Bildung der in der Kita betreuten Kinder. 

 

 

Gericht:

LAG Düsseldorf 

Datum der Entscheidung:

10.02.2021

Aktenzeichen:

4 Sa 27/20