BAG: Unterlassungsanspruch des Betriebsrats bei Dienstplanzuordnung ohne Betriebsratsbeteiligung
Die Zuordnung von Arbeitnehmern zu arbeitsplatzbezogenen Rahmendienstplänen unterfällt als Festlegung der konkreten Lage und Verteilung der Arbeitszeit auch für neu eingestellte Mitarbeiter dem Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
Im streitigen Fall bestand für ein tarifgebundenes Unternehmen eine Dienstvereinbarung, nach der für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Dienstpläne aufzustellen sind. Die Betriebsparteien vereinbarten dazu arbeitsplatzbezogene Rahmendienstpläne, welche für unterschiedliche Fallkonstellationen Regelungen über die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit sowie Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit enthielten.
Der Betriebsrat wurde bei Zuordnung neu eingestellter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Stammmitarbeiter zu dem Rahmendienstplan nicht beteiligt.
Der Arbeitgeber argumentierte, dass neu eingestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits vor Aufnahme Ihrer Tätigkeit dem Rahmendienstplan zugeordnet würden und sie zu diesem Zeitpunkt noch keine Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG seien.
Dem widerspricht das Bundesarbeitsgericht und stellt fest, dass das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nicht von einer Aufnahme der Tätigkeit des Arbeitnehmers auf dem zugewiesenen Arbeitsplatz abhängt. Insofern erfasse zum einen § 5 Abs. 1 BetrVG alle Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber stehen und zum anderen verdränge die Beteiligung des Betriebsrats bei der Einstellung (§ 99 Abs. 1 BetrVG) nicht die Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG.
Auch durch die Aufstellung der Rahmendienstpläne sei das Mitbestimmungsrecht nicht verbraucht, weil die Rahmendienstpläne im konkreten Fall kein Zuweisungsverfahren enthielten, welches durch den Arbeitgeber nur noch zu vollziehen gewesen wäre.
Das Bundesarbeitsgericht bestätigt zugleich, dass der Betriebsrat zu erwartende weitere Verstöße gegen ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 BetrVG unabhängig von den Voraussetzungen eines allgemeinen Unterlassungsanspruchs aus § 23 Abs. 3 BetrVG mit einem Unterlassungsanspruch begegnen kann.
Hinweise von Rechtsanwalt Dr. Norbert Gescher:
Rahmendienstpläne werden in vielen Betrieben aufgrund von Betriebsvereinbarungen der Betriebsparteien eingesetzt, um für alle Beteiligten einen sachgerechten Planungs- und Gestaltungshorizont zur Lage der Arbeitszeit zu schaffen.
Es ist bereits umstritten, ob und inwieweit dem Arbeitgeber im Rahmen von Betriebsvereinbarungen überhaupt das Recht eingeräumt werden kann, ein einseitiges Gestaltungsrecht über einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestand zu erhalten. Im vorliegenden Fall kam es darauf aber nicht an, weil die Betriebsvereinbarung keinerlei Regelung über ein derartiges Zuweisungsverfahren zum Rahmendienstplan enthielt. Wichtig ist auch die Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung, wonach die jahrelange Nichtgeltendmachung von Beteiligungsrechten ohne Auswirkung bleibt, weil der Betriebsrat auf die Ausübung von Mitbestimmungsrechten weder verzichten kann, noch Mitbestimmungsrechte der Verwirkung unterliegen.
Betriebsvereinbarungen zur Arbeitszeit gehören damit weiter zu den wichtigsten, aber eben auch komplexesten Gestaltungsbereichen der Betriebsparteien.
Gericht:
BAG
Aktenzeichen:
1 AZR 3/16
Datum der Entscheidung:
22.8.2017