BAG: Zur Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Ausschlussklauseln

Der Neunte Senat des Bundesarbeitsgerichts hat mit seiner Entscheidung vom 18.09.2018 erneut auf die materiellen Voraussetzungen zur Wirksamkeit arbeitsvertraglicher Ausschlussklauseln aufmerksam gemacht.

Bei dem der Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt war der Kläger bei dem Beklagten als Fußbodenleger beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 01.09.2015 war unter anderem geregelt, dass alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind. Nachdem der Beklagte das Arbeitsverhältnis gekündigt hatte, schlossen die Parteien im Kündigungsrechtsstreit einen Vergleich, wonach das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 15.08.2016 endete und in dem sich der Beklagte verpflichtete, das Arbeitsverhältnis bis zum 15.09.2016 ordnungsgemäß abzurechnen. Die vom Beklagten erstellte und dem Kläger am 06.10.2016 zugegangene Abrechnung für August 2016 wies keine Urlaubsabgeltung aus. In dem vom Kläger am 17.01.2017 anhängig gemachten Verfahren hat sich der Beklagte darauf berufen, der Anspruch auf Urlaubsabgeltung in Höhe von 1.687,20 Euro für 19 Urlaubstage sei verfallen, weil der Kläger ihn nicht rechtzeitig innerhalb der Ausschlussfrist geltend gemacht habe.

Diese Ansicht teilte das Bundesarbeitsgericht nicht.

So habe der Kläger den Anspruch nicht innerhalb der vertraglichen Ausschlussfrist geltend machen müssen, da die arbeitsvertragliche Ausschlussklausel gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße. Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen – jedenfalls seit dem 01.01.2015 – seien nicht klar und verständlich, wenn sie entgegen § 3 Satz 1 MiLoG den zu zahlenden gesetzlichen Mindestlohn nicht von ihrer Geltung ausnehmen. So heißt es in     § 3 Satz 1 MiLoG, dass Vereinbarungen, die den Anspruch auf Mindestlohn unterschreiten oder seine Geltendmachung beschränken oder ausschließen insoweit unwirksam sind.

 

Hinweise von Rechtsanwalt Adrian Kalb:

Das vorliegende Urteil behandelt eine in der Praxis äußerst relevante und stets zu prüfende Fragestellung bevor Arbeitsvertragsparteien gegenseitige Ansprüche gerichtlich geltend machen sollten.

So finden sich Ausschlussklauseln zumeist am Ende eines Arbeitsvertrages. Sinngemäß wird geregelt, dass Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder nach Fälligkeit des jeweiligen Anspruchs innerhalb eines bestimmten Zeitraums geltend gemacht werden müssen. Nach Ablauf dieser Frist soll die Geltendmachung von Ansprüchen ausgeschlossen sein. Damit eine solche Klausel wirksam ist, fordert das Bundesarbeitsgericht konkret einzuhaltende Voraussetzungen.

Neben der oben dargestellten Ausnahme von Ansprüchen auf gesetzlichen Mindestlohn sind insbesondere die Ausschlussfrist von nicht weniger als drei Monaten nach Fälligkeit, die Geltendmachung gegenüber dem Vertragspartner in keiner strengeren Form als der Textform sowie die Ausnahme von Ansprüchen, die auf Handlungen wegen Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit beruhen zwingend zu beachten.

In der anwaltlichen Praxis stellen wir fest, dass von Ausschlussklauseln in Arbeitsverträgen regelmäßig Gebrauch gemacht wird, diese jedoch oftmals die vom Bundesarbeitsgericht geforderten Voraussetzungen nicht erfüllen. Insofern ist bereits bei der erstmaligen Verwendung von Arbeitsverträgen besonderes Augenmerk auf die korrekte Formulierung von Ausschlussklauseln zu achten. Ebenso sind bereits bestehende Arbeitsverträge stets auf erforderliche Aktualisierungen hin zu überprüfen, um sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber rechtliche Klarheit zu schaffen.

 

Gericht:

BAG

Datum der Entscheidung:

18.09.2018

Aktenzeichen:

9 AZR 162/18